Adorno hat darauf insistiert, jedem Philosemitismus gegenüber skeptisch zu bleiben, er könnte sich nur als andere Seite der Shoa herausstellen. Dieses Recht nehmen sich auch Cohen-Halimi und Cohen in der Affäre um die Schwarzen Hefte Martin Heideggers. Die Empörung über die eindeutigen Stellen in diesen Aufzeichnungen und die »enthüllende« Kommentierung des Herausgebers Peter Trawny erscheinen ihnen als Strategie, den Antisemitismus Heideggers nicht als das zu betrachten, was er ist – einfach Antisemitismus –, sondern »seins-geschichtlich« zu überhöhen und einer anonymen »Tragik« zu überlassen. Der »entwendete Brief« Edgar Allan Poes hat uns schließlich gelehrt, dass man etwas am besten verbirgt und der Lektüre entzieht, indem man es zur Schau stellt.
Aus der verdienstvollen Herausgabe der Notizen durch Peter Trawny wurde auf diese Weise, besonders in Frankreich, ein »Fall«.
Francis Cohen ist Literaturkritiker, Herausgeber (insbesondere der Zeitschrift Lignes 13) und Dichter (Zwar, 2008; Diesmal, 2011; Choses que nous savons, 2015).
Michèle Cohen-Halimi und Francis Cohen haben gemeinsam u.a. ein wichtiges Dossier zur französischen Dichtung des 21. Jahrhunderts in der Zeitschrift Critique (Nr. 835-836: Les intensifs, 2008) herausgegeben.
Oliver Precht lehrt Philosophie und Literatur an der Ludwig-Maximilians-Universität München und ist Übersetzer, u.a. von Oswald de Andrade (Manifeste, 2016).