Traumdeutung

Hg. von Ammann / Borens / Gondek / Kläui / Schmid

Cover
Buch leider vergriffen
Inhalt

Editorial -- 7

Traumdeutung -- 9

August Ruhs
Zur Rezeption der Traumdeutung im deutschsprachigen Raum -- 11

Georg Christoph Tholen
Die Sprache des Traums: Verschiebung und Verdichtung. Der Ort des Unbewußten bei Freud und Lacan -- 35

Wolfram Groddeck
Vom brennenden Buch. Ein poetologischer Versuch über Freuds Traumdeutung -- 63

Kathy Zarnegin
Der Diskurs des anderen: ein Traum? -- 77

Michael Schmid
Freut/d sich der Zwerg, daß die Prinzessin nichts weiß -- 85

Roland Gori
Der Traum existiert nicht -- 105

Christian Kläui
Der Traum zwischen Wort und Bild -- 123

Samuel Weber
Psychoanalyse und Theatralität: Das Unersetzliche -- 135

Buchbesprechungen

Das Reale, das Gesetz und das Politische – zu neueren Arbeiten von Slavoj ZiZek.
SLAVOJ Zizek, Liebe deinen Nächsten? Nein, danke! Die Sackgasse des Sozialen in der Postmoderne.
– Die Nacht der Welt. Psychoanalyse und Deutscher Idealismus. – Das Unbehagen im Subjekt.
– Ein Plädoyer für die Intoleranz.(Hans-Dieter Gondek) -- 163

Psychoanalytische Geschichten in und aus Israel – ein Almanach
RUTH GOLAN, GABRIEL DAHN, RIVKA WARSHAWSKY, SCHLOMO LIBER (Hrsg.): Almanac of Psychoanalysis. Psychoanalytic Stories after Freud and Lacan.

(Avi Rybnicki) -- 171

Über Grossväter, Väter und Mütter der bzw. in Psychoanalyse(n).
JAHRBUCH DER PSYCHOANALYSE, Beiträge zur Theorie, Praxis und Geschichte. (Urs Fellmann) -- 176

Autoren, redaktionelle Hinweise -- 182


Editorial

Seit dem 4. November 1899 kann das interessierte Publikum wissen, was die via regia zur Kenntnis des Unbewussten ist: Die Traumdeutung. Sie gibt auch dem Buch, das an jenem Tag frisch auf den Tischen des Buchhandels auslag, den Namen. Es war allerdings eine kleine Schar, die sich damals für den Königsweg nicht zu den superos sondern zu den Acheronta interessierte. 321 Exemplare sollen in den ersten sechs Jahren verkauft worden sein. Seither ist das Interesse an diesem Text Freuds allerdings enorm angestiegen, der sicher in alle Hitparaden der wichtigsten Bücher des zwanzigsten Jahrhunderts Aufnahme findet (was Freud natürlich gewusst hat, als er ihn auf 1900 vordatierte). Es ist gewiss das Buch Freuds, das am weitesten über die Kreise der Psychoanalyse hinaus wirkt und die philologische Forschergemeinschaft und die literarisch interessierte Öffentlichkeit erreicht hat. Und es ist das Buch der Psychoanalyse, dessen Rezeption Freud in ganz besonderem Masse beschäftigt hat. Wie sehr er selbst an der Legende des verkannten Genies mitgebastelt hat, obwohl sein Buch von Anfang an keine geringe Beachtung fand, zeigt die Rezeptionsgeschichte der Traumdeutung, in der der Stil des ›Geheimen‹ und der ›Einweihung‹, mit dem das Wissen des Unbewussten spielt, seine Wirkung tut. Freuds Traumdeutungstechnik auf den Text der Traumdeutung selber anzuwenden, macht ihn als modernen poetischen Text lesbar, was natürlich auch seine Irreduzibilität als Text ausmacht, der sich gegen das in den »exakten« Wissenschaften übliche Vorgehen sperrt, nur die Aussage zu beachten und die Art und Weise, wie sie ausgesagt wird, unberücksichtigt zu lassen. Die Bedeutung der Traumdeutung ist bei den Psychoanalytikern bis heute unbestritten, so wie sie es auch für Freud selbst geblieben ist, der diesen Text fast bis zu seinem Tod nie losgelassen und mit Ergänzungen und Fussnoten versehen hat. Das hat allerdings nicht verhindern können, dass der Königsweg zum Unbewussten ein bisschen das Schicksal derjenigen teilt, die ihm den Namen geben: Man sieht sie gerne und spricht viel über sie, aber ihre Macht und Bedeutung sind doch arg eingeschränkt worden. Die Psychoanalyse hat andere Bündnispartner gefunden, die von Jahrzehnt zu Jahrzehnt ihrer Geschichte in unterschiedlicher Gewichtung den Ton angaben: Übertragung, Gegenübertragung, Objekt, Ich, Affekt ... Der Traum wurde dabei zum Mitläufer, über den die Psychoanalytiker erstaunlich wenig zu berichten haben. Zugespitzt liesse sich sagen: Je mehr die Traumdeutung ihre Rolle als »Urtext« der Lehre vom Unbewussten spielt, desto weniger wird über den Traum selbst geschrieben. Vielleicht ist es der Traum selbst, der die Rolle des Produzenten der Texte zur Psychoanalyse übernommen hat.

Vielleicht liegt es aber auch daran, dass dieser Text immer einen Stachel bewahrt hat, der ihn wenig brauchbar machte für eine Vereinnahmung durch eine medikozentrisch aufs Heilen ausgerichtete Psychoanalyse. Die Traumdeutung macht es schwer zu vergessen, dass die Psychoanalyse eine Arbeit am Unbewussten ist und dass sie als solche Arbeit am Text und am Signifikanten ist. Darin ist die Traumdeutung eine Arbeit der Übersetzung: die Traumbilder als Rebus, als Bilderschrift zu lesen, heisst aber auch einem Rest von Unübersetzbarkeit zwischen Bild und Wort zu begegnen. Dieser unübersetzbare Rest bildet die Marke, an der sich die Lacansche Lektüre der Traumdeutung Freuds festmachen läßt. Die Differenz von Bild und Wort und der reale Rest hat nicht nur Folgen für die Bedeutung des Traums in der Kur. Die Anerkennung der Differenz zwischen dem Szenischen und dem Narrativen eröffnet auch neue Perspektiven auf die Dimension der »Theatralität« der Psychoanalyse, die diese ja seit ihren Anfängen begleitet. Nicht nur, indem die griechische Tragödie in ihr arbeitet und in der Begegnung mit der Hysterie, sondern auch in der Inszenierung ihres Auftauchens durch Freud und seine Umgebung.

Die Herausgeber

Reihe: RISS. Zeitschrift für Psychoanalyse. Freud Lacan
No. 46 (1999 / 3)
( Buchdetails . . . )
ISBN 978-3-85132-231-6
16 x 24  , 183 S., € 15,-
Erstauflage: 1999
Broschur mit Fadenheftung Vergriffen. EAN: 9783851322316